Römisches Grab

Dieses Grab wird als Steinkistengrab bezeichnet, weil seine Wände aus großen Steinplatten errichtet wurden, die zusammen eine Art „Kiste“ bilden. Das Grab ist Teil eines Gräberfeldes, das nach der letzten Besiedlung während der Eisenzeit auf dem Oymaağaç Höyük angelegt worden ist und über viele hundert Jahre von der hellenistischen bis in die byzantinische Zeit dort existierte. Bisher konnten bei den Ausgrabungen 12 solcher Kistengräber freigelegt werden. In den meisten Gräbern finden sich keine spektakulären Beigaben, selten mal einfacher persönlicher Schmuck wie z. B. bronzene Finger- oder Ohrringe. Nur in einem einzigen Grab fanden sich dünne Goldohrringe.

In diesem Kistengrab, das während der Ausgrabung die Bezeichnung 7585:10 erhalten hat, wurden mindestens 28 Individuen bestattet. Alle waren mit dem Kopf in Richtung Westen und den Füßen in Richtung Osten orientiert, wie es während der römischen Zeit in dieser Region üblich war. Die meisten der 21 bestatteten Individuen waren Erwachsene, davon konnten 14 als Männer und 4 als Frauen identifiziert werden. Unter den jüngeren Bestatteten gab es einen Säugling, zwei Kleinkinder (3 - 7 Jahre), zwei größere Kinder (7 - 14 Jahre) und einen Jugendlichen. Bei keinem der jüngeren Bestatteten konnte jedoch das Geschlecht bestimmt werden.

Wie auf dem Bild zu erkennen, sind viele der Knochen in dem Grab zerbrochen oder nur teilweise erhalten. Der Grund dafür liegt darin, dass das Grab während seiner langen Nutzung viele Male wieder geöffnet wurde. Es handelt sich also um eine Art Familiengruft, in welcher beim Hinzufügen von neueren Bestattungen die vorher vorhandenen älteren Knochen bewegt oder beschädigt wurden. Sicherlich waren die verwesenden Körper der Verwandten bei einer erneuten Öffnung der Gruft kein angenehmer Anblick und auch der Geruch musste höchst unangenehm gewesen sein. Wie wir aus historischen Texten wissen, wurde deshalb bei Graböffnungen Weihrauch benutzt. Dies könnte die Ursache für Brandspuren sein, die im Brustbereich von einigen Skeletten aus Grab 7585:10 beobachtet wurden.

Trotz der vielen postmortalen Beschädigungen hat die Anthropologin Kathryn Marklein aus den Knochenfunden einige Details und Schicksale der bestatteten Individuen herausfinden können. So gelang es ihr, Spuren von Verletzungen zu beobachten, die die Personen während ihres Lebens erlitten haben – meistens wohl Unfälle –, aber auch Hinweise auf eine seltene Gelenkerkrankung, die unter der bestatteten Gruppe verbreitet war. Außerdem untersuchte sie die Zähne und musste feststellen, dass fast jedes Individuum an Karies und Zahnverlust litt.

Mit dieser Gruft und dem gesamten Gräberfeld können wir archäologisch und anthropologisch eine dörfliche Landbevölkerung fassen, wie sie sonst in der Forschung oft übersehen wird.

Dachziegelgrab

Das Grab wurde aus herkömmlichen Dachziegeln errichtet, die so schräg gegeneinander gestellt wurden, dass eine Art Giebeldach entsteht. Dahinter steht wohl der Hausgedanke für die letzte Ruhestätte, der bei vielen Kulturen aus Vergangenheit und Gegenwart zu finden ist. Auch dieses Einzelgrab mit der nüchternen Nummerierung 7684:6, ist Teil eines Gräberfeldes, das nach der letzten Besiedlung in der Eisenzeit auf dem Oymaağaç Höyük angelegt worden ist und über viele hundert Jahre von der hellenistischen bis in die byzantinische Zeit dort existierte.

Diese Bestattung gehört zu insgesamt zwölf auf dem Oymaağaç Höyük ausgegrabenen Dachziegelgräbern. Die oberen Teile der Dachziegel fehlen allerdings, weil sie durch Pflugarbeiten in der Neuzeit zerstört worden sind. Die unteren Teile der Dachziegel sind dagegen gut erhalten. Sie wurden interessanterweise mit kleineren Steinen gegen die Grabwände verkeilt – vermutlich um das relativ flach unter der Oberfläche eingetiefte Grab vor Tieren zu schützen.

Obwohl dieser Grabtyp auf dem Oymaağaç Höyük vereinzelt schon in der römischen Zeit belegt ist, datieren die meisten Dachziegelgräber in die byzantinische Epoche, genauer in das 8. bis 9. Jahrhundert nach Christus. Das konnte über die Art der Dachziegel und Radiokarbondatierungen festgestellt werden. Bei diesem Grab gab es keine Beigaben.

Bestattet wurde hier ein jugendliches Individuum unbekannten Geschlechts im Alter von ca. 12 bis 18 Jahren. Wie für christliche Bestattungen üblich, wurde der Körper auf dem Rücken liegend mit den Füßen nach Osten und dem Kopf nach Westen orientiert. Zusätzlich wurden noch die Hände über dem Bauch gekreuzt. Die Knochen und Zähne aus dem Grab zeigen weder Hinweise auf Mangelerscheinungen noch irgendwelche Verletzungen.

Bemerkenswert ist, dass der oder die Jugendliche in einem eigenen Dachziegelgrab bestattet wurde und somit als Mitglied der damaligen dörflichen Gemeinschaft die gleiche Aufmerksamkeit und Sorgfalt bei der Bestattung erhielt, wie die Erwachsenen.

Gruben

Der Oymaağaç Höyük war auch während der Eisenzeit vom 12. bis zum 4. Jahrhundert v. Chr. besiedelt. Der Siedlungsspuren aus dieser Zeit sind jedoch im Vergleich mit den hethitischen der Spätbronzezeit eher unbedeutend. Neben wenigen Resten von kleineren Hütten handelt es sich dabei vor allem um Gruben, die von den Menschen der Eisenzeit in ihrer Siedlung gegraben wurden. Dadurch wurde die damalige Oberfläche des Hügels nach und nach wie ein Schweizer Käse perforiert, was dann besonders bei der Freilegung durch die Archäolog:innen deutlich wird. Bisher wurden mehr als 240 Gruben ausgegraben und es gibt kaum einen Bereich, wo sie nicht zu finden sind.

Die Gruben haben meist einen runden Grundriss und im Profil eine Glockenform. Sie weisen Tiefen zwischen 30 bis 220 cm auf, doch ist so gut wie keine mehr in ihrem Originalzustand erhalten, was der Erosion und Bodeneingriffen für die Gräber des nachfolgenden römisch-byzantinischen Friedhofs geschuldet ist. Bei den Ausgrabungen fanden sich in den Gruben unterschiedliche lehmig-aschige Verfüllungen mit vielen zerbrochenen Keramikgefäßen, Tierknochen, fragmentierten Lehmziegeln und vieles mehr, was alles zusammen als üblicher Siedlungsabfall zu deuten ist.

Ursprünglich wurden jedoch die Gruben nicht zur Abfallentsorgung angelegt, sondern für Vorratszwecke. Gruben waren die „Kühlschränke“ der Vorzeit. Dort konnte alles Mögliche an Vorräten eingelagert werden. Sogar eine Langzeitlagerung über mehrere Jahre von beispielsweise Getreide war möglich. Dazu wurden die Gruben mit Stroh ausgekleidet, mit dem Inhalt verfüllt und oben luftdicht mit Stroh und Lehm versiegelt. Reste solcher Isolierungen fanden sich häufiger noch als dünne weißliche Schichten an den Grubenwänden oder auf den Böden. Nach einer solchen Nutzung war die Grube jedoch unbrauchbar, da sie nicht mehr steril war. Es musste eine neue gegraben werden und die alte konnte mit Müll verfüllt werden. So erklärt sich die große Menge der Gruben auf dem Oymaağaç Höyük. Dazu kommt noch die lange Dauer der eisenzeitlichen Besiedlung von fast 800 Jahren.

Für die Archäolog:innen sind Gruben etwas Besonderes. Zwar haben viele der eisenzeitlichen Gruben ältere Befunde zerstört, doch bieten sie durch Reste ihrer ursprünglichen Nutzung und den eingelagerten Müll der Wissenschaft willkommene Einblicke zur Lebensweise der damaligen Menschen. So stammen die meisten der vollständigen oder größer erhaltenen Keramikfunde aus Gruben. Aber auch durch die Auswertung der Tierknochenfunde und der archäobotanischen Reste können wertvolle Hinweise zur damaligen Ernährung bzw. Haus- und Landwirtschaft gewonnen werden.

(Text auf dieser Seite: Oymaağaç-Projekt)